Als Beitrag zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation stellt der Verlag für Kultur und Wissenschaft das Buch von Johannes Kritzl über Luthers Beurteilung der Türkenkriege ab jetzt kostenlos als Download zur Verfügung.

Es werde oft übersehen, so der Verlagsinhaber Thomas Schirrmacher, was wir Luther in Bezug auf den Islam zu verdanken haben. So sehr man auch verwerfen müsse, wie Luther über Muslime sprach, und berücksichtigen müsse, dass es für seine Zeitgenossen eigentlich keine Möglichkeit gab, sich wahrheitsgemäß über den Islam zu informieren, so sehr habe Luther für eine Koranübersetzung gestritten, die schließlich mit seinem Vorwort erschien, und hat uns damit vorgegeben, dass man andere Religionen aus ihren eigenen Worten kennenlernt, nicht durch Hörensagen.

Noch wichtiger aber sei, so Schirrmacher, dass Luther das Kreuzzugskonzept überwunden habe, und zwar bereits in den 95 Thesen und dann in immer wieder neuen Schriften und Aussagen während seines Lebens. Die Kirche und damit der Papst hätten keine Autorität, gegen die Türken Krieg zu führen. Allein der Kaiser müsse und dürfe einen rein weltlichen Krieg gegen die Türkei anführen, und das dürfe nur zur Verteidigung geschehen. Dabei verteidige der Kaiser alle seine Bürger, nicht nur die Christen.

Daneben habe Luther von Anfang an und pausenlos betont, dass Christen immer zunächst selbstkritisch seien und Buße tun müssten, bevor sie andere beurteilten. So scharf Luther über die Türken sprechen konnte: Was er über die Christen sagte, übertraf dies noch. Selbstkritik vor Überlegenheitsäußerungen, das sei christlich, biblisch und sehr aktuell, so Schirrmacher.

Der österreichische katholische Theologe und Historiker Doktor Johannes Kritzl behandelt im Band „Adversus turcas et turcarum Deum“ die Frage, welche Beurteilungskriterien Martin Luther an den Türkenkrieg und den Islam anlegte, welche dieser Kriterien wir heute als rein zeitgeschichtlich bedingt verwerfen müssen und welche weiterhin hilfreich und gewichtig sind. Er differenziert deutlich zwischen tagespolitischen Auffassungen Luthers und jenen, sich aus seiner Theologie ergebenden Grundsätzen, die heute mehr denn je auch für nichtlutherische Christen hilfreich seien. Wo sah Luther die Hauptunterschiede zwischen den von ihm entdeckten Wahrheiten und einer Religion, die die Christenheit im Glauben und das Heilige Römische Reich militärisch zu bedrohen schien?

Laut Kitzl gibt es Positionen Luthers, die heute noch hohe Relevanz im christlich-islamischen Dialog besitzen, die man klar von den Auffassungen Luthers unterscheiden kann, die aus fehlendem Wissen oder aus der zeitgenössischen Polemik heraus entstanden sind.

Doktor Johannes Kritzl studierte Theologie und Geschichte in Salzburg, Florenz und Wien. Sein Hauptforschungsgebiet sind die religiösen Transformationsprozesse des Konfessionellen Zeitalters sowie die Klerikerdisziplinierung und -formung durch die in dieser Zeit entstehenden Konfessionen. Von besonderem Interesse ist ihm dabei die Interaktion zwischen den scheinbar monolithischen zeitgenössischen religiösen Parteien. Darüber hinaus ist Johannes Kritzl als Kulturmanager in unterschiedliche Projekte der Kulturvermittlung involviert.

Bibliografische Angaben:

  • Johannes Kritzl. ‚Adversus turcas et turcarum Deum‘: Beurteilungskriterien des Türkenkriegs und des Islam in der Werken Martin Luthers. 2008. 114 S. 12.00 €. ISBN 978-3-938116-50-0


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