(Bonn, 26.08.2011) Der Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz und Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Thomas Schirrmacher, hat sich persönlich über den Stand der Verhandlungen um das bedrohte syrisch-orthodoxen Kloster Mor Gabriel vom Abt des Klosters und vom Rechtsanwalt des Klosters informieren lassen.

Bei dem Treffen betonte der Abt des Klosters, Erzbischof Timotheos Samuel Aktaş, wie wichtig die internationale Unterstützung für das Kloster sei. Der 1945 im Tur Abdin geborene Aktaş ist seit 1973 Abt des Klosters, seit 1985 Erzbischof und Metropolit des Tur Abdin.

An dem Gespräch mit Schirrmacher nahmen als Gesandtschaft der syrisch-orthodoxen Kirche außerdem Rechtsanwalt Rudi Sümer, Prozessbevollmächtigter von Mor Gabriel, Kuryakos Ergün, Vorsitzender der Gemeindestiftung Mor Gabriel, Shemun (Simon) Barmano als Vertreter der Assyrer in Europa sowie Bischof Julius Hanna Aydin und Pfarrer Murat Üzel von der syrisch-orthodoxen Kirche in Deutschland teil.

Erzbischof Aktaş und Schirrmacher verbindet seit längerem, dass beide Preisträger des finnischen Menschenrechtspreises ‚ProFide‘ sind und beide für ihren Einsatz für irakische Flüchtlinge geehrt wurden, Aktaş 1993 für seinen Einsatz für die Flüchtlinge während des 2. Golfkrieges, Schirrmacher 2009 für die Flüchtlinge der Gegenwart seit dem Sturz Saddam Husseins.

Das Kloster Mor Gabriel wird vom türkischen Staat seit Jahren massiv unter Druck gesetzt. Mehrere verlorene Gerichtsverfahren, in dem kurdische Nachbardörfer mit absurden Gründen Grund und Boden erstreiten, der seit Jahrhunderten zum Kloster gehört, bedrohen das Kloster in seiner Existenz. Erzbischof Aktaş ist überzeugt, dass der türkische Staat die Gerichtsverfahren als Vorwand nutzt, um die verbliebenen Christen aus der Südosttürkei zu vertreiben. Dafür spricht etwa, dass die Mönche selbst innerhalb der Klostermauern keine Schüler unterrichten dürfen und sie die jahrhundertelangen Traditionen nicht an die nächste Generation weitergeben können.

Das im Jahr 367 gegründete syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel ist eines der ältesten Klöster der Christenheit. Die Kuppel mit einem Durchmesser von 11,50 m stammt vom Anfang des 6. Jahrhunderts und war eine Meisterleistung der Baukunst. 1915 wurden während des Genozids an den christlichen Minderheiten alle Bewohner des Klosters auf Veranlassung der osmanischen Regierung durch Milizen umgebracht. In den 1950er Jahren wurde nach Renovierungsarbeiten ein Priesterseminar eingerichtet, dass die türkische Regierung 1980 schloss und verbot.

Meldung der IGFM

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hat das Auswärtige Amt und Bundestagsabgeordnete zum Eintreten für das christliche Kloster Mor Gabriel in der Osttürkei aufgerufen. Deutschland müsse gegen die faktische Enteignung des Klosters protestieren und weitere EU-Beitrittsverhandlungen von einer Respektierung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei abhängig machen, heißt es in einem Appell der IGFM. Das aus dem 4. Jahrhundert stammende Kloster Mor Gabriel gehöre zu den ältesten Stätten des christlichen Glaubens in der Türkei und sei „die letzte geistliche Zufluchtsstätte der Christen in Südostanatolien“. Vor 100 Jahren hätten in der Region Tur Abdin noch rund 950.000 assyrische Christen gelebt. Jetzt sei zu befürchten, dass den verbliebenen 2.500 bis 3.000 Christen ihr geistliches Zentrum weggenommen und zu einem touristischen Objekt umfunktioniert werde, so die IGFM. Die Organisation verwies auf den historisch „absurden Vorwurf“, vor dem Bau des Klosters habe auf dem Gelände eine Moschee gestanden. Forderungen, das Kloster müsse die angeblich geraubten Güter zurückgeben, griffen die „Grundfesten der Toleranz des türkischen Staates gegenüber religiösen und ethnischen Minderheiten“ an und ließen die Achtung und den Willen zur Verständigung mit anderen Kulturkreisen vermissen. Das Angebot, dem Kloster die betreffenden Ländereien zu vermieten, nannte die IGFM „eine weitere Form der Enteignungspolitik gegenüber der christlichen Minderheit“. Dies dürften europäische Politiker nicht hinnehmen. Die Organisation rief die Abgeordneten und die Regierung auf, den Rechtsstreit der Christen gegen den türkischen Staat zu unterstützen. Ohne einen Schutz der Eigentums- und Menschenrechte durch die Türkei dürfe es keine Verhandlungen über einen EU-Beitritt geben, so die IGFM.

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  • Foto 1: Bischof Aydin, Schirrmacher, Erzbischof Aktaş (jpg)
  • Foto 2: Die syrisch-orthodoxe Gesandtschaft mit Schirrmacher (jpg)

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