(Bonn, 16.11.2015) 75 Kirchenführer aus Kirchen und Ländern weltweit mit „Diskriminierung, Verfolgung, Martyrium“ berichteten und 75 hohe Repräsentanten aller Konfessionen hörten zu. In einer nicht öffentlichen Konsultation in Albaniens Hauptstadt Tirana, die das Global Christian Forum organisierte, wurde anschließend diskutiert, wie man auf die weltweite Herausforderung reagieren solle.

BQ385_1Die historische Bedeutung wird gut von einem Mitglied des Planungskomitees erläutert, das von Larry Miller, Generalsekretär des Global Christian Forum geleitet wurde:

  1. „Die historische Dimension der Konsultation hat zwei Gründe:         
    Es war das erste globale Treffen praktisch aller christlichen Konfessionen zum Thema „Diskriminierung, Verfolgung, Martyrium“, um auf Zeugenaussagen von allen Kontinenten zu hören.
  2. Zum ersten Mal in der Geschichte entschuldigte sich die Weltchristenheit dafür, sich gegenseitig (und andere Religionen) verfolgt zu haben. Die Abschlussbotschaft formuliert das so: ‚Wir tun Buße darüber, dass wir zeitweise in der Geschichte einander oder andere Religionsgemeinschaften verfolgt haben und wir bitten einander um Vergebung und beten für neue Wege, Christus gemeinsam nachzufolgen.‘

Beide Schritte sind von historischer Bedeutung, sowohl für die Beziehungen der Kirchen untereinander als auch für den Kampf für Religionsfreiheit weltweit.“ (Thomas Schirrmacher)

BQ385_4Die vier Delegationen der vier Kirchen bzw. Zusammenschlüsse wurden von ihren obersten Repräsentanten vertreten, der Päpstliche Rat für die Förderung der Einheit der Christen von seinem Präsidenten Kurt Kardinal Koch, der Ökumenische Rat der Kirchen und die Weltweite Evangelische Allianz durch ihre Generalsekretäre, Pfarrer Olav Tveit und Bischof Efraim Tendero, die Pentecostal World Fellowship durch Vorstandsmitglied Pastor David Wells, der den erkrankten Vorsitzenden Prince Guneratnam vertrat. In seiner Botschaft an die Konsultation sagte Papst Franziskus:

„Ich denke mit großer Traurigkeit an die zunehmende Diskriminierung und Verfolgung von Christen im Nahen Osten, in Afrika, in Asien und an weiteren Orten weltweit. In vielen Teilen der Welt ist das Zeugnis für Christus bis hin zum Vergießen des eigenen Blutes eine gemeinsame Erfahrung von Katholiken, Orthodoxen, Anglikanern, Protestanten, Evangelikalen und Pfingstlern geworden.“

Die Delegationsleiter sprachen zur Eröffnung der Konsultation und hatten dann das letzte Wort um mitzuteilen, was ihre Konfession oder globale Körperschaft in Reaktion auf die Konsultation praktisch plant.

Bischof Efraim Tendero zum Beispiel sagte für die Weltweite Evangelische Allianz unter anderem:

„Wir wollen tun, was immer wir können, um unseren Mitgliedern zu helfen, Vorurteile gegenüber anderen christlichen Traditionen abzubauen und Geschehnisse der Vergangenheit nicht mit der Gegenwart zu verwechseln.“

Er rief vor allem dazu auf, die Erinnerungen an vergangene Verfolgung durch Christen zu heilen:

„Wir sind sehr dankbar, dass die Buße dafür, dass wir einander verfolgt haben, Teil unserer Abschlussbotschaft ist. Wir sehen es als wichtig an, die Erinnerung zu heilen, wo immer so etwas geschah. Wir werden unsere Pastoren und Kirchen ermutigen, dies auf lokaler Ebene einzuleiten, und wollen außerdem mit den vier globalen Körperschaften, die hinter dieser Konsultation stehen, diskutieren, wie wir diesen Prozess auf nationaler, kontinentaler und globaler Ebene ans Laufen bringen können.“

Die Entsprechungen der vier Körperschaften im gastgebenden Land Albanien wurden von dem Oberhaupt der Albanisch-Orthodoxen Kirche, Erzbischof Athanasios, vom Generalsekretär der Katholischen Bischofskonferenz, Bischof Georg Frendo, und vom Vorsitzenden der Albanischen Evangelischen Allianz, Pastor Ali Kurti angeführt.

BQ385_5Die Kooperation und die gleichmäßig aufgeteilte Beteiligung wurden in allen Aspekten der Konsultation deutlich. Im Planungskomitee saßen je zwei Vertreter der vier Körperschaften, dazu der Generalsekretär des Global Christian Forum und seine Konferenzdirektorin Joy Lee. Die Redner und Zeugen waren entsprechend aufgeteilt, aber auch die 40 Jugendlichen, die als Stewards die praktischen Belange organisierten und sich vorher mehrere Tage gemeinsam getroffen hatten.

Die Konsultation war nicht öffentlich, um Kirchenführer aus dem Nahen Osten und anderen gefährlichen Situationen zu schützen. Erst nach Ende der Konsultation wurde das Ganze durch einen Empfang durch den muslimischen Präsidenten von Albanien für die Delegierten öffentlich. Der Präsident dankte den Kirchenführern dafür, dass sie mit Albanien ein Land gewählt haben, in dem alle Religionen unter dem Kommunismus verfolgt und zerstört wurden – es stand am Ende praktisch keine Kirche oder Moschee mehr –, und dass sich danach für völlige Religionsfreiheit entschieden hat.

 
Downloads und Links:

  • „Historisches Treffen zur weltweiten Christenverfolgung“ – Bericht zur Konferenz durch Philipp Hildmann, Beauftragter für Interkulturellen Dialog der Hanns-Seidel-Stiftung: http://www.hss.de/politik-bildung/themen/themen-2015/historisches-treffen-zur-weltweiten-christenverfolgung.html
  • Abschlussdokument „Konferenzbotschaft“ (als pdf: englischdeutsch)
  • Schlussansprache von Bischof Efraim Tendero (PDF-Download)
  • Alle Fotos © Internationales Institut für Religionsfreiheit (IIRF)
  • Foto 1: Der Generalsekretär der Albanischen Evangelischen Allianz Akil Pano heißt die Delegierten der Konferenz „Diskriminierung, Verfolgung, Martyrium“ in Tirana willkommen. Am Tisch die Repräsentanten der vier globalen christlichen Körperschaften und ihrer albanischen Entsprechungen.
  • Foto 2: Drei Delegationsleiter, von links: Bischof Efraim Tendero, Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz; Rev. Olav Tveit, Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen; Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen
  • Foto 3: Godfrey Yogaraja, Direktor der Kommission für Religionsfreiheit (Religious Liberty Commission) der Weltweiten Evangelischen Allianz während seiner Plenarrede
  • Foto 4: Thomas Schirrmacher, Vorsitzender der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz, während seines Vortrages
  • Foto 5: Zwei Generalsekretäre vor der Kathedrale der Albanisch-Orthodoxen Kirche: Rev. Olav Tveit (links) und Bischof Efraim Tendero
  • Foto 6: Bischof Efraim Tendero und sein Frau während der Rede des Albanischen Präsidenten mit Thomas Schirrmacher (links) und dem Vorsitzenden der Albanischen Evangelischen Allianz (rechts)
  • Foto 7: Der Generalsekretär des Global Christian Forum, Larry Miller, und seine Frau Eleanor im Gespräch mit dem Präsidenten Albaniens
  • Foto 8: Kopien der verschiedenen Beiträge in unterschiedlichen Sprachen
 

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