Die Europawahl war noch nicht ausgezählt, da bebte es schon im Web und in den Zeitungen: ‚Rechtsruck‘.

Manipulation 1: Der Zugewinn rechtsradikaler Parteien in einigen Ländern und der relative Sieg konservativer Parteien werden in einen Topf geworfen. Damit werden rechtsextreme Parteien und die konservativen Parteien (CDU/CSU bzw. Europäische Volkspartei) gleichgesetzt. Ob aber Wähler eher konservativ wählen oder zu rechtsextremistischen Parteien wechseln, ist ein himmelweiter Unterschied! So aber wird daraus, dass mehr Menschen konservativ wählen, eine Gefahr stilisiert – was deutlich zeigt, wo die Masse der Journalisten selbst politisch steht.

Manipulation 2: 37 % für die EVP ist kein Rechtsruck, sondern Ergebnis des Wählerwillens! Man tut so, als ginge es nicht um eine freie Wahl, sondern um eine, bei der Journalisten hinterher urteilen, ob man auch brav das richtige gewählt hat.

Manipulation 3: Man beklagt, dass rechtsradikal gewählt wird, der fünfmal so hohe Anteil der Wähler linksextremer Parteien wird aber meist nicht erwähnt. In Deutschland wählten bei der Europawahl – schlimm genug – 1,5 % Republikaner oder DVU, aber 7,5 % die Partei Die Linke. Gewarnt wird aber in ungezählten Artikeln und Stellungnahmen nur vor den Rechtsextremen. Die Weimarer Republik wurde von Rechtsextremen wie Linksextremen in trauter Gemeinsamkeit zerstört!

Manipulation 4: Ich habe den Titel oben dem ausgezeichneten Gastkommentar von Richard Wagner in der WELT entlehnt. Er macht darauf aufmerksam, dass viele der kleineren als rechtspopulistisch bezeichneten Parteien genauso als linkspopulistisch bezeichnet werden könnten. Wagner weist auch zu Recht darauf hin, dass die rechtsextremen Parteien Europas alle völlig unvereinbare Ziele haben, also im Europaparlament nicht zusammenarbeiten können. Für die linksextremen Parteien gilt das nicht – sie können und werden oft an einem Strick ziehen. Hier Wagners Beitrag im Auszug:

Für unsere Schnelldenker steht regelmäßig der Faschismus vor der Tür. So heißt es auch jetzt, im Zuge der Wahlnachbereitung, wieder forsch: Europa rückt nach rechts. Ist was passiert? Nun, es wurde gewählt, und der Wahlsieger ist unverkennbar die konservative EVP. Weitere Gewinne konnten die liberalen Parteien verbuchen, die großen Verlierer sind die Sozialisten der PSE. Ja und? Unterm Strich bleibt es doch, wie es ist. Die klassischen Strömungen der westlichen Demokratie haben die Sache weiterhin im Griff. Oder sind etwa die nationalchristlichen ‚Wahren Finnen‘ mit einem oder zwei Abgeordneten eine Gefahr für das Abendland?

Zeit, sich die schillernden Begriffe, die die Experten in die Runde geworfen haben, genauer anzuschauen. Es geht um … den sogenannten Rechtspopulismus. Was aber ist das? Parteien, die diesem Label zugeordnet werden, wird es in der Tat im EU-Parlament geben. Was aber haben diese gemeinsam? Gibt es etwas, was sie in einer Fraktion zusammenbringen könnte? Wohl kaum. Was hat schon Geert Wilders’ Anti-Islamisierungspartei aus den Niederlanden mit der ungarischen Jobbik (rechts und besser) gemeinsam? Praktisch gar nichts. … Nach Straßburg aber zieht Jobbik mit der parteilosen Krisztina Morvai, die als Frauenrechtlerin für die UN tätig war. Die Partei hat paramilitärische Neigungen und pflegt einen starken Antiglobalisierungsaffekt. Vieles, was als rechtspopulistisch gilt, könnte auch als linkspopulistisch bezeichnet werden. Warum wird unter den Extremisten nicht die Slowakische Smer (Richtung) des Robert Fico geführt? Weil er sich beizeiten der Sozialistischen Internationale angeschlossen hat? Wodurch ist die Antikorruptionsliste des Österreichers Hans-Peter Martin (‚Die Globalisierungsfalle‘), rechtspopulistisch? Oder die Tochter des rumänischen Staatspräsidenten Basescu? …

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