Der Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und Autor des Buches ‚Menschenhandel‘ hat in der Nähe von Lahore in Pakistan Ziegeleien aufgesucht, in denen Sklaven unter unwürdigsten Umständen Ziegel herstellen.

Sklaven erläutern Thomas Schirrmacher den Tagesablauf © BQ / Warnecke

„Ich habe schon viel Übles in der Welt gesehen, aber das gehörte wirklich mit zum Schlimmsten“, äußerte Schirrmacher anschließend. Besonders schockiert habe ihn, dass kleine Mädchen ihre Mütter nachahmten, indem sie von morgens bis abends über die von den Vätern geformten Steine kröchen und diese zum Trocknen umdrehten. Statt zur Schule gehen zu dürfen, wüchsen sie mit dem Bewusstsein auf, dass das das wahre Leben sei. Deswegen gäbe es auch keine Wachen, die Sklaven würden sowieso nicht davonlaufen.

Die Sklaven gehören fast ausschließlich zu den sog. Dalits, früher Kastenlose oder Unberührbare genannt. Die meisten sind Hindus oder Muslime, viele sind aber auch Christen. Diese seien doppelt diskriminiert, so Schirrmacher, weil sie mitten in der unwürdigen Sklaverei oft noch von muslimischen Sklaven und sowieso von Sklavenhaltern vergewaltigt, der Blasphemie beschuldigt, gefoltert und umgebracht würden.

Die pakistanische Rechtsanwältin Aneequa Anthony, Vorsitzende der pakistanischen Partnerorganisation der IGFM, „The Voice“, zeigte Thomas und Christine Schirrmacher den Ort, an dem 2014 ein Ehepaar bei lebendigem Leib in den Ziegelofen geworfen wurde. Anthony vertritt die drei Waisenkinder vor Gericht. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte und das Bonner Hilfswerk Gebende Hände gGmbH unterstützen die Arbeit der Rechtsanwaltsvereinigung, die sich für religiöse Minderheiten in Pakistan einsetzt.

Hier wohnen die Sklaven © BQ / Warnecke

Es gibt gemäß der australischen Walk Free Foundation und ihrem jährlichen Global Slavery Index (2016) 45,8 Mio. Sklaven weltweit. 58% aller Sklaven leben in fünf Ländern: Indien, China, Pakistan, Bangladesh und Usbekistan, alle in der Region von und um Pakistan. Die höchsten Prozentsätze an Sklaven finden sich in Nordkorea (4,373), Usbekistan (3,973), Kambodscha (1,648), Indien (1,403) und Qatar (1,356).

Deutschland liegt mit 15 anderen westlichen Demokratien (vor allem Westeuropa, USA, Neuseeland) auf dem Platz mit dem geringsten Prozentsatz an Sklaven. Im globalen Süden hat Brasilien diesen Platz inne, in der Gruppe derer, die auf Platz 2 liegen, mit 0,078%.

In Pakistan sind nach diesem Index 1,13% der 188.925.000 Einwohner Sklaven, also 2.134.900. Auch von verschiedenen anderen Quellen wird die Zahl von 2 Mio. Sklaven in Pakistan geschätzt.

1990 entschied der Oberste Gerichtshof im Urteil Darshan Mashih vs State (1990), dass Schuldknechtschaft verboten und mit der Verfassung nicht vereinbar sei. Daraus folgte dann 1992 der Bonded Labour System (Abolition) Act. Geändert hat sich seitdem fast nichts.

Hauptproblem ist, dass das verschachtelte System vom Besitzer/Unternehmer über Subunternehmer hin zu den Sklaven am Ende von örtlichen Gerichten und der Polizei geschützt wird. Die Polizei inhaftiert geflohene oder protestierende Sklaven oder lässt gleich private Gefängnisse zu.

Typisch ist, dass selbst verhältnismäßig kleine geliehene Summen von zum Beispiel 75 $ nie abgezahlt werden können, sondern zu lebenslanger Abhängigkeit führen, ja an die Kinder vererbt werden, die dann Sklaven bleiben, obwohl das Vererben solcher Schulden gesetzlich verboten ist.

Sklavinnen: Mutter und Tochter beim Wenden von Backsteinen © BQ / Warnecke

Solche Sklaverei gibt es in der Teppichweberei, der Landwirtschaft, aber in den meisten Fällen in der Ziegelherstellung, die sich im Umland aller Großstädte in Pakistan findet. Eine Familie muss dabei pro Tag 1000 Ziegel von Hand herstellen. Jeder fehlende oder zerbrochene Ziegel wird vom Lohn abgezogen. Die Unternehmer kaufen abgelegene Grundstücke, die den nötigen Schlamm haben und wo die geformten Ziegel zu großen Öfen zusammengeschichtet werden können. Die Sklaven leben solange auf diesen Grundstücken in erbärmlichen Verhältnissen und müssen natürlich Miete bezahlen.

Im Umfeld der Sklaverei finden weitere Verbrechen statt. Schon kleine Kinder müssen helfen und können keine Schule besuchen. Die Kindersterblichkeit ist vor allem wegen des verdreckten Trinkwassers hoch. Ich habe Kinder im Vorschulalter gesehen, die neben ihren Müttern her kriechend den ganzen Tag Ziegel für Ziegel zum Trocknen umgedreht haben und denken, dass daraus das Leben besteht. Mädchen und Frauen sind meist Freiwild und werden von den Unternehmern/Besitzern, von deren Vertragsmitarbeitern, ja oft auch von anderen Sklaven vergewaltigt, ja selbst noch in miesen Klasse-C-Gefängnissen von Polizisten und Häftlingen.


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2 Kommentare

  1. Uta Zeidler sagt:

    Ich war drei Mal an diesen Orten des Elends. Die Sklaven haben nichts. Keinen Schrank, kein Stuhl, kein Tisch… Wenn es viel ist, gibt es ein Bett für die Familie. Ihre Behausung sind Tür – und Fensterlose Hütten. Ihr Leben besteht aus nichts als aus Arbeit…
    Derzeit wütet Corona auf den Breakfelds.

    Es gibt keine Medikamente und wer nicht mehr arbeitet bekommt nicht einmal Geld für die Nahrung der Familie. Die Organisation Himmelsperlen unterstützt einheimische Christen, die vor Ort den Menschen helfen, sie mit Medikamenten und med. Betreuung versorgt. Auch geben sie Erwachsenen Leseunterricht und versuchen die Eltern zu überzeugen ihre Kinder in die von ihr errichteten und finanzierten Schulen zu schicken damit sie Chancen für eine andere Zukunft bekommen.

    Man kann die Arbeit von Himmelsperlen unterstützten. Näheres dazu auf der Website.

    PS. : Unten aufgeführte Website ist nicht von mir persönlich. Aber ich war mit Himmelsperlen vor Ort.

  2. Elisabeth sagt:

    Ich google nun eine Weile die Thematik und bin nur sprachlos und erschüttert

    Teilt die Thematik in den Medien, ich habe es heute vielfach getan. Macht aufmerksam, werdet laut und öffentlich. Es ist unmenschlich und einfach unfassbar

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