Von Holger Lahayne
Vor zwanzig Jahren gab es erste Schritte in Richtung auf eine Evangelische Allianz in Litauen. Gordon Showell-Rogers von der Europäischen Allianz (EEA) besuchte 2002 und 2004 das Land und stellte die 1846 gegründete Bewegung Kirchenleitern vor. Das Bekenntnis der Europäischen Allianz wurde ins Litauische übersetzt. Aus verschiedenen Gründen kam es damals aber nicht zu einer formellen Gründung einer nationalen Vereinigung der Evangelikalen. Erst in den letzten Jahren kam wieder Bewegung in der Prozess, und inzwischen herrscht Einigkeit darüber, dass der Pfingstbischof Rimantas Kupstys das weitere Vorgehen koordiniert. Insofern gibt es in gewisser Weise eine informelle Evangelische Allianz in Litauen.
Vor diesem Hintergrund kam der Kurzbesuch einer Delegation der Weltweiten Ev. Allianz (WEA) in Vilnius am 30. März durchaus gelegen. Die 5-köpfige Gruppe um Prof. Dr. Thomas Schirrmacher bereiste die drei baltischen Staaten; erste Station war in der litauischen Hauptstadt. Schirrmacher, wohnhaft in Bonn, übernahm im vergangenen Jahr das Amt des Generalsekretärs der WEA. Vor einigen Jahren war er in einer reformierten Episkopalkirche (Anglikaner, die aber nicht in Kirchengemeinschaft mit der Anglikanischen Gemeinschaft stehen) zum Bischof ordiniert worden. Schirrmacher, Gründer und langjähriger Rektor (bis 2018) des Martin Bucer Seminars in Bonn, unterrichtete an zahlreichen Hochschulen und ist Autor vieler theologischer und religionssoziologischer Werke, darunter eine mehrbändige Ethik oder auch Hitlers Kriegsreligion (2 Bände). Der reformierte Theologe setzt sich außerdem engagiert für Menschenrechte und Religionsfreiheit ein.
Schirrmacher wurde begleitet von seiner Frau Christine, die Islamwissenschaften an der Uni Bonn unterrichtet. 1994 erschien im Hänssler-Verlag ihr zweibändiges Werk ‚Der Islam‘. Zur Besuchsgruppe gehörte auch Matthias Böhning, der die WEA, EEA sowie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (ISHR) vertrat. Er wohnt ebenfalls in Bonn.
Das Tagesprogramm der Delegation war intensiv: Besuch im Parlament, Treffen mit Exil-Weißrussen, Kurzvisite in der Mykolas Romeris Universität. Am Nachmittag stellte Schirrmacher Prinzipien der Allianz bei einer Begegnung mit evangelischen Pastoren und Leitern vor. Gastgeber war der Pfingstbund, in dessen Verwaltungsgebäude sich auch das Theologische College der Kirche befindet. Das Gespräch leitete Bischof Kupstys (s.o. Foto). Die Evangelikalen Litauens erhielten gute Einblicke in die Geschichte der Allianz, die ja die älteste weltweite ökumenische Bewegung ist.
Holger Lahayne organisierte für die Delegation Gespräche mit katholischen Bischöfen in der Stadt. Am Vormittag stand ein kurzer Besuch bei Erzbischof Petar Rajič, dem apostolischen Nuntius, auf dem Programm. Der Botschafter des Vatikans für das gesamte Baltikum residiert in Vilnius. Rajič ist kroatischstämmiger Kanadier. Nach dem Treffen mit den Evangelischen ging es noch zum Erzbischof von Vilnius, Gintaras Grušas. Im vergangenen Jahr wurde der in den USA geborene und aufgewachsene Grušas zum Präsidenten des Rats der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) gewählt. Am Austausch mit der WEA-Delgation nahm auch Weihbischof Darius Trijonis teil. Er ist in der litauischen Bischofskonferenz zuständig für die ökumenischen Beziehungen im Land.
Die katholischen Hierarchen bekamen aus erster Hand und von oberster Stelle Einblicke in das weltweite Wirken der Ev. Allianz. So können sie – wenn es denn einmal zur Gründung einer litauischen Allianz kommen wird – diese besser einordnen und verstehen. Und die Evangelischen erhielten neue Anstöße, um die Zusammenarbeit zu vertiefen und auf dem Weg zur einer nationalen Allianz voranzuschreiten.
Fotos © Holger Lahayne
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